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Neuerscheinung: Arno Surminski

Samstag, 2. Oktober 2010 18:58

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In seinem vor wenigen Wochen erschienenen Buch “Winter Fünfundvierzig oder die Frauen von Palmnicken” kehrt der bekannte und beliebte Autor Arno Surminski in seine ostpreußische Heimat zurück.
Es dürfte für ihn ein schwerer Gang zurück in die Vergangenheit gewesen sein, mußte er doch selbst als Elfjähriger, nach der Deportation seiner Eltern in die Sowjetunion, fliehen. Er sollte seine Eltern nie wiedersehen.

Angeregt, sich diesem Thema zu widmen, wurde er zweifellos durch das Buch von Martin Bergau “Der Junge von der Bernsteinküste”. Bergau schildert darin, wie er als 16-jähriger Hitlerjunge in Palmnicken noch kurz vor dem Ende der Nazidiktatur Zeuge des Mordes an ca. 3000 zumeist jungen Frauen wurde.

Surminski setzt nun diesen Frauen 65 Jahren nach diesem schrecklichen Massaker ein Denkmal, und Dank seiner Popularität und seines Bekanntheitsgrades bewahrt er sie endgültig vor dem Vergessen.

Sehr nahe am tatsächlichen Geschehen schildert Surminski in seinem bewegenden Roman das Leben, den Leidensweg aber auch die Hoffnungen von vier jüdischen Frauen, die aus dem Ghetto Lodz in Außenlager des Konzentrationslagers Stutthoff deportiert wurden. Bei bitterster Kälte wurden sie dort mit ca. 5.000 anderen Häftlingen von der SS erst nach Königsberg und dann nach Palmnicken getrieben. Ca. 2.000 starben bereits unterwegs und die Übrigen wurden dort kaltblütig ermordet.

Er verbindet geschickt das Schicksal dieser Frauen mit dem Leid der Flüchtlinge, die sich vor den heranrückenden Russen in Sicherheit bringen wollen. Allen ist eines gemeinsam: Sie wollen überleben.

Wieder nahe an der überlieferten Wirklichkeit zeichnet er auch ein Bild der Menschen, die sich diesem Regime zu wiedersetzen versuchen.

Wer, der in der Nazizeit oder kurz danach geboren wurde, hat seine Eltern oder Großeltern nicht gefragt: ” Was habt Ihr denn während dieser Zeit gemacht?”

So läßt auch Surminski in seinem Roman Max Broder sich nach dem Tod seines Vaters fragen, was dieser wohl während der Naziherrschaft gemacht hat, und ob er schuldig wurde, da er zu Lebzeiten darauf nie eine Antwort bekam.

Er begibt sich auf Spurensuche nach Palmnicken.

In seinem Roman verwebt Surminski geschickt Fiktion und Wirklichkeit und schafft es trotz aller Tragik noch, bei allem Grauen, die Schönheiten Ostpreußens durchscheinen zu lassen.

Er überschreibt ein Kapitel seines Buches mit dem Vers “Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen” (Offenbarung Kapt. 7, Vers 17). Dieser Vers gilt eigentlich für das ganze Buch.

Für dieses Buch ist Arno Surminski zu danken.

Rezension: Jenny Wennmacher

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Arno Surminski

Winter Fünfundvierzig oder die Frauen von Palmnicken

Ellert & Richter Verlag

August 2010

336 Seiten, 3 Karten, 19,95 Euro

Thema: Buchbesprechungen, Historisches, Königsberger Gebiet, Menschen, Ostpreussennews | Kommentare (0) | Autor: Jenny Wennmacher